Josef Fritzl

Josef Fritzl

Wer ist er:

Im Kriminalfall von Amstetten hat der Verurteilte Josef F. (*1935) seine Tochter E. (*1966) vom 28. August 1984 bis zum 26. April 2008 in einer Kellerwohnung unterhalb seines Hauses im niederösterreichischen Amstetten gefangen gehalten und vielfach vergewaltigt

Was hat mit Rammstein zusammen:

Auf dem Album „Liebe ist für alle da“ ist das Lied namens „Wiener Blut“, das von der Fritzl Fall inspiriert wurde.

Die Tat

E. F. aus Amstetten wurde von ihrem Vater rund 24 Jahre lang in einem Kellerverlies gefangen gehalten und dort von ihm vielfach vergewaltigt. Während dieser Zeit zeugte Josef F. mit seiner Tochter acht Kinder, von denen das erste eine Fehlgeburt war und ein 1996 geborener Zwilling bald nach der Geburt starb. Kurz nach Aufdeckung des Falls legte der Täter ein Geständnis ab. Durch einen DNA-Test wurde nachgewiesen, dass die sechs lebenden Kinder der Frau von ihrem Vater gezeugt wurden. Die Leiche des einen Kindes, das kurz nach der Geburt starb, hat der Vater nach eigener Aussage verbrannt. Die älteste, 1988/89 geborene Tochter, sowie ein 1989/90 geborener und ein 2002 geborener Sohn waren gemeinsam mit ihrer Mutter im Keller gefangen gehalten worden, die anderen Kinder, eine 1992 und eine 1993 geborene Tochter, sowie der überlebende, 1996 geborene Zwillingssohn wohnten seit ihrem Säuglingsalter als Adoptiv- beziehungsweise Pflegekinder bei Josef F. und seiner Ehefrau, nachdem er in allen drei Fällen ein angebliches Hinterlassen der Babys durch seine vermisst gemeldete Tochter inszeniert hatte.

Die 19-jährige Tochter, die die Aufdeckung dieses Kriminalfalls mit ihrer Krankheit ins Rollen brachte, erwachte in einem anderen Krankenhaus am 1. Juni 2008 aus einer Sedierung und wurde am 8. Juni ins Landesklinikum Amstetten zu ihrer Familie gebracht.

Der Täter

Der Täter Josef F. wurde 1935 geboren und war zum Zeitpunkt der Verhaftung 73 Jahre alt. Nach der Pflichtschule besuchte er eine Höhere Technische Lehranstalt (HTL) mit dem Schwerpunkt Elektrotechnik. Sein erster Arbeitgeber war die VÖEST in Linz. Zwischen 1969 und 1971 konstruierte er für eine Baustofffirma in Amstetten Betonrohrmaschinen. Aufgrund einer Vergewaltigung einer 24-jährigen und einer weiteren versuchten Vergewaltigung im Jahre 1967 liegen den Behörden Gerichtsakten vor, nach denen er zu einer Haftstrafe verurteilt wurde. Diese Strafen wurden jedoch nach 15 Jahren aus dem Register gelöscht.

Von 1973 bis 1996 betrieb er zusammen mit seiner Ehefrau ein Gasthaus mit Fremdenzimmern und Campingplatz in Unterach am Attersee. In den 1980er Jahren kam es dort zu einer großteils misslungenen und wenig später zu einer erfolgreichen Brandlegung. Ein anfänglicher Verdacht gegen Josef und einen seiner Söhne erhärtete sich nicht und das Verfahren wurde eingestellt. Der Gasthof wurde wieder aufgebaut. Vor seiner Verhaftung war er als Geschäftsmann bekannt. Er besitzt neben dem Haus, in dem er selbst wohnte, fünf weitere Häuser in verschiedenen Gemeinden in Niederösterreich, die er vermietete.

Seine finanzielle Lage ist jedoch angespannt und ein Konkursverfahren anhängig um die Liegenschaften verwerten zu können. Zusammen mit seiner 1939/40 geborenen Ehefrau hat er sieben Kinder. Zusammen mit einer seiner Töchter zeugte er weitere sieben Kinder, wobei ein Zwilling bald nach der Geburt starb. Von seinem Umfeld wurde er teilweise als „liebevoller Opa“ beschrieben, gegenüber der Familie soll er sehr autoritär gewesen sein.

Im Zusammenhang eines im Oktober 2008 entstandenen Psychogramms räumte F. ein, seine Mutter, der er körperliche und seelische Misshandlungen vorwirft, jahrelang bis zu ihrem Tode 1980 in einem Raum eingesperrt zu haben, dessen Fenster er lichtundurchlässig vermauert hatte.

Tathergang

Der Täter Josef F. hatte am 28. August 1984 seine damals 18-jährige Tochter E. nach deren Angaben in den Keller gelockt, betäubt und mit Handschellen gefesselt in einem Raum eingesperrt. Einen Tag später wurde sie als vermisst gemeldet. Etwa einen Monat nach ihrem Verschwinden hatte der Vater einen Brief präsentiert, in dem die Tochter darum bat, nicht nach ihr zu suchen.

In den folgenden Jahren wurden nach damaligen Aussagen des Vaters immer wieder Kinder der angeblich abgängigen Tochter vor dem Haus abgelegt. Drei davon wurden danach von den „Großeltern“ aufgenommen. Alle sieben Kinder, darunter ein Zwillingspaar, wurden von dem Beschuldigten durch die inzestuöse Beziehung zu seiner Tochter gezeugt und von dieser im Keller geboren. Einer der beiden Zwillingsbrüder starb drei Tage nach der Geburt und soll später von Josef F. verbrannt worden sein.

Bezüglich der vermeintlichen Enkelkinder gelang es Josef F. immer wieder, gegenüber der Jugendwohlfahrt die Wahrheit zu verbergen. Am 19. Mai 1993 meldete er, dass eine seiner Töchter vor der Wohnungstür ein neun Monate altes Kind gefunden habe. Fünf Tage nach der Entdeckung kam ein Beamter zu der Erkenntnis, dass das Baby fachmännisch in einem Krankenhaus entbunden worden sein müsse. Am Ende des Jahres 1993 beantragte das Ehepaar F. die Obsorge für das Mädchen, die am 1. Juli 1994 gewährt wurde. Am 16. Dezember des gleichen Jahres fand Frau F. ein weiteres zehn Monate altes Kind und erhielt eine halbe Stunde später einen angeblichen Anruf von E., obwohl das Ehepaar mittlerweile über eine Geheimnummer verfügte. Auch als am 3. August 1997 ein drittes Pflegekind dazukam, schöpften die Beamten keinen Verdacht. Insgesamt gab es zwischen 1993 und 2007 nach Angaben der Amstettener Bezirkshauptmannschaft 21 „dokumentarische Kontakte“, aber nur sechs Hausbesuche, der letzte im Jahr 1997.

Das Gefängnis

Im Keller des Hauses musste man fünf Räume durchqueren, um in den Werkraum zu gelangen, in dem sich der Eingang zum Kellergefängnis befand. Dieser war dort hinter einem Regal versteckt. Die Räume waren mit zwei hintereinander liegenden, etwas über einen Meter hohen, massiven Türen versperrt. Sie wogen etwa 300 Kilogramm und bestanden aus Stahlblech, das nach dem Einbau mit Beton gefüllt wurde. Der Schließmechanismus war mit einem Zahlencode über eine Funkfernsteuerung zu bedienen. Bei der ersten Einvernahme gab der Beschuldigte den Code bekannt. Laut seiner Aussage wären die Türen im Notfall auch von innen mit bereitliegendem Werkzeug zu öffnen gewesen. Auch gibt es Andeutungen des Angeklagten, dass sich der elektronisch gesteuerte Mechanismus nach einiger Zeit von selbst öffnen sollte. Das konnte bisher nicht bewiesen werden.

Die fünf Räume besaßen eine Höhe von etwa 1,7 Meter und eine Gesamtfläche von etwa 60 Quadratmetern. Sie waren nicht in einer Ebene angelegt, es gab Niveauunterschiede zwischen den Räumen. Von der ersten Tür führte ein etwa fünf Meter langer, schmaler Gang zu einem weiteren Schlupfloch. Ein Raum wurde als Lager benutzt, in dem auch Lebensmittel für einen längeren Zeitraum verstaut werden konnten. Die Räume waren mittels Gummimatten schalldicht gemacht, das anfänglich kolportierte Vorhandensein einer Gummizelle erwies sich jedoch als Gerücht. Ein weiterer Raum war mit einer Kochnische, Waschbecken, Dusche, WC und einem kleinen Tisch ausgestattet. Zusätzlich gab es zwei Schlafräume. Die Räume waren mit dem, was der Beschuldigte für nötig hielt, häuslich eingerichtet. In den Schlafräumen standen jeweils zwei Betten. Zur Lagerung der Nahrungsmittel existierten auch ein Kühlschrank und eine Tiefkühltruhe. Zusätzlich gab es eine Waschmaschine, einen Fernseher mit Videorekorder und ein Radio. Als die Ermittler die Räumlichkeiten betraten, waren sie in einem gepflegten Zustand.

Nach Aussagen der Opfer drohte der Beschuldigte, dass Gas eingeleitet werden würde, sollte ihm etwas zustoßen. Die Ermittler fanden allerdings bisher keinen Hinweis, dass die Drohung einen realen Hintergrund gehabt hätte. Die Werkstatt galt als absoluter Tabubereich, den niemand betreten durfte. Josef F. hielt den 1983 fertiggestellten Keller geheim und erlaubte niemandem, den Neubau zu fotografieren.
Entdeckung

Eines der im Keller lebenden Kinder erkrankte schwer und ihre Mutter konnte den Vater überreden, seiner Tochter und gleichzeitig auch Enkelin medizinische Hilfe zu gewähren. Am Samstag, den 19. April 2008, wurde die schwer krampfende und bewusstlose 19-jährige in das Landesklinikum Mostviertel Amstetten eingeliefert. Laut Auskunft des Beschuldigten war sie wie die vorigen „Enkelkinder“ im Wohnhaus der „Großeltern“ abgelegt worden. Wie in den vorigen Fällen gab es einen „Brief“ der 42-jährigen Mutter E., in dem sie diesmal um Hilfe für ihre kranke Tochter bat und vage Angaben zu den Symptomen machte. Das Verhalten der Mutter schien seltsam, auch wurden von den Ärzten dringend weitere Angaben zum bisherigen Krankheitsverlauf benötigt. Deshalb wurden die Behörden informiert, die die Suche mit der Zeit auf den Schengen-Raum ausdehnten und auch ein Verbrechen gegen die Mutter oder das Kind nicht mehr ausschlossen, sowie in den Medien Aufrufe verbreitet, dass sich die Mutter melden solle. Über den vorhandenen Fernseher bekam E. die Aufrufe mit und bedrängte ihren Vater, sie und die zwei Buben ins Spital zu bringen.

Genau eine Woche nach der Einlieferung ins Krankenhaus holte Josef am 26. April 2008 seine Tochter und die zwei Buben aus dem Keller. Der restlichen Familie erklärte er, dass die Tochter mit den zwei Kindern nach Hause gekommen sei. Dieses Szenario war für einen unbestimmten Zeitpunkt schon in einem früheren Brief angekündigt gewesen. Er versuchte jahrelang mit großem Geschick, E. als „missratene Mutter“ hinzustellen. Nach dem Spitalsbesuch wurde E. aufgrund einer nicht anonymen, aber vertraulichen Mitteilung eines Spitalsarztes in der Nähe des Spitals aufgegriffen und zur Einvernahme wegen der Vermisstenanzeige und des „Verdachts der Kindesweglegung“ (Aussetzung) mitgenommen. Nach einer kurzen Festnahme und einem folgenden längeren Gespräch und der Zusicherung, dass es zu keinem Kontakt mit Josef F. mehr kommen und auch für ihre Kinder gesorgt werden würde, war E. F. zu einer umfassenden Aussage bereit. In der Folge wurde E. freigelassen und ihr Vater in Haft genommen. Die Ehefrau, Kinder und Enkelkinder wurden in der Nacht zum Sonntag in das Landesklinikum Mostviertel Amstetten-Mauer gebracht, wo inzwischen ein geschützter Bereich organisiert worden war und sie langfristig psychologisch und medizinisch betreut werden.
E. F. und ihre Kinder zogen im Dezember 2008 aus ihrer Unterkunft im Klinikum aus, und leben seitdem in einem anderen Bundesland Österreichs. Die größte englische Boulevardzeitung The Sun brachte in ihrer Ausgabe vom 9. Februar 2009 offenbar von einem Paparazzo geschossene Fotos die E. mit einer ihrer Töchter beim Einkaufen zeigen.

Dem Artikel der Sun ist zu entnehmen, dass E.’s Kinder (wieder) zur Schule gehen. Medienrechtlich dürften die veröffentlichten Fotos brisant sein. Die entsprechende Ausgabe der Sun wurde in Deutschland und Österreich nicht ausgeliefert, und auch auf der Internetpräsenz der Sun erschienen die Fotos nicht.
Prozess

Josef F. sah sich – so sein Anwalt Rudolf Mayer vor dem Prozess – als Lebensretter seiner Tochter K., die er ins Krankenhaus brachte. Mayer war der Ansicht, sein Mandant gehöre nicht ins Gefängnis, sondern in ein psychiatrisches Krankenhaus.

Im Dezember 2008 wurde die Anklageschrift gegen Josef F. fertiggestellt. Der Tatverdächtige musste sich im März 2009 wegen Mordes, Vergewaltigung, Freiheitsentziehung, schwerer Nötigung und Blutschande vor Gericht verantworten.

Erstmals in Österreich wurde auch der Tatbestand des Sklavenhandels verhandelt. Der Angeklagte wurde nach einem umfassenden Geständnis von den acht Geschworenen des Landesgerichts St. Pölten in allen Anklagepunkten einstimmig für schuldig gesprochen und zu einer lebenslangen Haftstrafe mit Einweisung in eine Anstalt für zurechnungsfähige, geistig abnorme Rechtsbrecher verurteilt. Da Josef F. und die Staatsanwältin das Urteil annahmen, ist es rechtskräftig.

Ende März 2009 brachte ein deutscher Anwalt eine Anzeige gegen die Ehefrau und den ältesten Sohn von Josef. F. bei der Staatsanwaltschaft ein. Diese soll nun klären, ob die Ehefrau von Josef F. von dessen Verbrechen gewusst hat.

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